Die Friesenhexe und ihr Vermächtnis: Die Friesenhexe 2 - Roman (German Edition) by Karla Weigand

Die Friesenhexe und ihr Vermächtnis: Die Friesenhexe 2 - Roman (German Edition) by Karla Weigand

Autor:Karla Weigand [Weigand, Karla]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-04-13T22:00:00+00:00


DREIUNDDREISSIG

Am folgenden Tag, den Kerrin wie eine Schlafwandlerin hinter sich brachte, indem sie einfach Schritt vor Schritt setzte, ohne die Umgebung zu beachten, suchte sie, als es Zeit wurde, einen nächtlichen Ruheplatz zu finden, von sich aus die Nähe von Einheimischen.

Ein winziges Dörfchen kam ihr gerade recht, um dort ihr Quartier aufzuschlagen. Ein ähnliches Abenteuer wie das in der vergangenen Nacht überstandene würde sie nicht ertragen. Als sie daran dachte, dass sie den Eskimos das Fell des Eisbären überlassen hatte, im Tausch gegen ihre Zusage, diesen ganz besonderen Hund, der sein Leben für sie geopfert hatte, anständig zu begraben, kamen ihr erneut die Tränen. Keinen Augenblick zweifelte Kerrin daran, dass die Hündin gewusst hatte, gegen einen ausgewachsenen Eisbären keine Chance zu haben. Und doch hatte sie es auf sich genommen, ihr durch einen tollkühnen Angriff die Gelegenheit zu verschaffen, das Gewehr in Stellung zu bringen und damit ihr Leben zu retten.

Ehe sie weiter darüber nachsinnen konnte, liefen bereits die Inuit-Kinder der kleinen Ansiedlung zu ihr, um ihr blondes Haar zu bewundern und ihre hellen Augen zu inspizieren. Hinterdrein kamen die Mütter, und nach einer Weile rückten gemächlich auch die Männer an, soweit sie nicht auf der Jagd oder beim Fischen waren.

Kerrin hatte etliche kajaks mit Fischern gesehen, die in Richtung Straat Davis unterwegs waren, um im tieferen Meeresteil ihr Glück mit Netzen zu versuchen. Ganz weit draußen hatten Kerrins scharfe Augen sogar mehrere Walfangsegler erspäht, die in Richtung Baffin Bay unterwegs waren.

Blitzartig fiel ihr ein, dass ihre allererste Walfängerfahrt eigentlich auch diesen Weg hätte nehmen sollen. Leider hatten damals ihrem Vater die Barbaresken einen Strich durch die Rechnung gemacht – nordafrikanische moslemische Seeräuber, ausgerechnet unter der Führung eines norddeutschen protestantischen Kapitäns …

Hastig schob sie die unerfreulichen Erinnerungen an dieses Abenteuer beiseite.

Die erwachsenen Grönländer dieses Ortes waren nicht gerade unfreundlich, aber doch ziemlich reserviert. Kerrin glaubte, es hinge damit zusammen, dass sie als weiße Frau allein unterwegs war. Man schien sie ein wenig zu fürchten.

Zum Schlafen richtete sie dieses Mal wieder ihr kleines Zelt auf, in dessen Innerem es um einiges finsterer war als draußen; die Mitsommernacht rückte unaufhaltsam näher.



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